Auf der Rückseite des Porträts meiner Großmutter war ein altes, verblasstes Foto versteckt – eine junge Frau, strahlend, lebendig, mit einem leuchtenden Lächeln, in einem taillierten Kleid vor einem alten Haus.
Sie sah mir zum Verwechseln ähnlich. Aber in altmodischer Kleidung. Ich fotografierte den Grabstein und fuhr zu meinem Großvater, um Antworten zu bekommen. Es schien, als hätte er bereits auf diese Fragen gewartet.
Als ich ihm das Foto zeigte, lächelte er traurig:
— Das ist deine Großmutter. So sah sie aus, als wir uns kennengelernt haben. Eine Schönheit wie aus dem Film.
— Aber warum hat sie das hinter dem aktuellen Foto versteckt?
Der Großvater seufzte, schwieg einen Moment und sagte dann:
— Sie… hat sich immer sehr darum gesorgt, wie sie aussieht. Besonders im Alter. Oft sah sie sich im Spiegel an und sagte: „Warum legt eigentlich niemand ein junges Foto aufs Grab? Müssen wir wirklich für immer als alt in Erinnerung bleiben?“
Und dann fügte sie hinzu: „Aber wenn ich ein junges Bild drauflege – denken die Leute, ich bin eine eitle alte Frau…“
Ich lächelte unter Tränen. Alles ergab plötzlich Sinn. Sie wollte nur, dass ich – wenigstens einmal, wenn der Schmerz nachgelassen hat – sie so sehe, wie sie wirklich war. Schön. Lebendig. Glücklich.
